Ausgangslage
Der COO einer Grossunternehmung (>10’000 Mitarbeiter) ruft an, schildert kurz das Problem und lädt mich zu einem ersten Gespräch ein. Nebst ihm nehmen der CEO sowie Vertreter des Controllings und des Rechtsdienstes teil.
Worum geht es?
Der CEO will seit mehreren Monaten die wichtigsten Projekte der Firma wieder auf Kurs bringen, nachdem ihm über längere Zeit die Projektfortschritte stark beschönigt (teilweise auch falsch) rapportiert wurden. Mehrere Versuche mit renommierten Beratungsunternehmungen sind gescheitert. Unzählige Sitzungen, Workshops, Protokolle und umfangreiche Berichte haben Kader und Mitarbeiter nachhaltig verärgert. Controllingformulare wurden angepasst, Prozesse neu festgelegt, dennoch ist die erwartete (und versprochene) Verbesserung ausgeblieben.
Am nächsten Tag übermittle ich meinem künftigen Auftraggeber eine kurze schriftliche Problemanalyse zusammen mit einem ersten Vorgehensvorschlag.
Gewähltes Vorgehen
Um keine Zeit zu verlieren, einigen wir uns auf ein pragmatisches Vorgehen, d. h. Konzentration auf die 7 wichtigsten Projekte der Unternehmung. Nach einem kurzen Aktenstudium verifiziere ich die Erwartungen der Geschäftsleitung: Was soll mit jedem Projekt erreicht werden? Wie es um die einzelnen Projekte steht, ergibt sich aus vertraulichen Gesprächen mit den Projektleitern und weiteren Personen. Bereits jetzt zeigt sich, dass ein Teil der Projekte auch bei bester Führung die Erwartungen nicht erfüllen kann – warum wurde sie dennoch freigegeben? Es erfolgt eine erste Rückmeldung an den CEO. Dieser entscheidet aufgrund meiner Anträge, welche ich ihm in Varianten (mit Vor- und Nachteilen) unterbreite.
Im den nächsten Schritten geht es – wiederum im persönlichen Gespräch mit den Beteiligten – darum, die Projekte nach dem Willen des CEO und der Geschäftsleitung auszurichten, Fehler zu korrigieren und dabei insbesondere auch verlorengegangenes Vertrauen wiederaufzubauen. Nachdem die Projekte einigermassen stabilisiert sind, geht es darum, die notwendigen Fähigkeiten zur erfolgreichen Projektabwicklung innerhalb der Unternehmung richtig aufzubauen, da die Unternehmung langfristig in die Lage versetzt werden soll, dies ohne meine Unterstützung erfolgreich tun zu können.
Resultate und Erkenntnisse
Nach den geplanten zwei Jahren ist der Prozess abgeschlossen. Mehr als die Hälfte der Problem-Projekte konnte wieder auf Kurs gebracht werden. Mehrere Projekte mussten wir jedoch neu aufsetzen, da sie von Beginn an gar keine Erfolgschance hatten. Vereinzelte Projekte befinden sich auch heute noch in einem kritischen Zustand, die Chance eines Erfolges können inzwischen jedoch klar höher bewertete werden, als die Risiken eines Misserfolges.
Die Erfolgsfaktoren mögen banal erscheinen: Engagierte und für neue Wege offene Menschen. Fähige Projektleiter, richtig und im für sie richtigen Projekt eingesetzt, «kämpfen» für den Projekterfolg. Ein einfaches, unbürokratisches aber aussagekräftiges Controlling (nur entscheidende Informationen) ermöglicht eine zielgerichtete Steuerung. Eine faire Fehlerkultur wird durch die Vorgesetzten aller Stufen gefordert und gefördert; dadurch wird weniger beschönigt und gelogen.